Überflüssig wie ein Kropf: Jodmangel muss nicht sein

 width=„Ich bin zufrieden. Ich habe die Hauptattraktionen der Schweiz gesehen – den Mont Blanc und den Kropf“ Das sagte, wie immer leicht sarkastisch, Mark Twain nach seiner Reise durch die Schweiz im Jahr 1880. Lassen wir den Mont Blanc mal außen vor – was ist und was hat es denn auf sich mit dem Kropf?

Und warum sollte er typisch schweizerisch sein?

Ein Kropf (medizinisch: Struma) ist eine sichtbare Verdickung am Hals,

die meist auf eine Fehlfunktion der menschlichen Schilddrüse zurückzuführen ist – und die wiederum häufig auf einen Jodmangel. Das Spurenelement Jod ist tatsächlich der Schlüssel zu vielen Funktionsstörungen der Schilddrüse, die außer dem sichtbaren Kropf eine ganze Reihe von Beschwerden auslösen können. Das gilt nicht nur für den Menschen: Die etwas Älteren unter uns werden sich vermutlich noch gut an die so genannten Jod-S11-Körnchen erinnern, die ein bekannter Tierfutter-Produzent seiner Mischung für Wellensittiche zufügte, um sie vor Jodmangel und in etwa den gleichen Schilddrüsenproblemen wie beim Menschen zu schützen. Was gut für den Sittich ist, kann für den Menschen nicht schlecht sein, lässt sich also vermuten.

Was aber ist an Jod so wichtig? Woher bekommt unser Körper es? Und was passiert, wenn wir zu wenig Jod zu uns nehmen? Im Folgenden ein paar Fakten:

Jod wird als Grundstoff für die Produktion der Schilddrüsenhormone benötigt, die unter anderem für die Regulierung von Stoffwechselprozessen verantwortlich sind und das Körper- und Organwachstum anregen. Der menschliche Körper kann Jod nicht selbst produzieren und auch nur sehr begrenzt speichern. Jod ist ein essentielles Spurenelement. Das heißt: Das vom Körper benötigte Jod muss regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. Es gelangt über den Magen-Darm-Trakt passiv ins Blut und von dort aktiv in die Schilddrüse. In der Schilddrüse werden bis zu 80 Prozent des täglich aufgenommenen Jods verbraucht.

Wo liegt unser täglicher Jodbedarf?

Um genügend Schilddrüsenhormone bilden zu können, liegt der tägliche Jodbedarf für Erwachsene bei etwa 150 bis 200 Mikrogramm. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. hat je nach Alter und Geschlecht einer Person bestimmte Empfehlungen der Jodzufuhr formuliert. Der tägliche Jodbedarf beträgt für:

Säuglinge             40 – 80 µg
Kinder, 1 – 9 Jahre             100 – 140 µg
Kinder, 10 – 12 Jahre       180 µg
Jugendliche und Erwachsene         200 µg
Erwachsene über 50 Jahre         180 µg
Schwangere             230 µg
Stillende                 260 µg

Jod ist für den Menschen unentbehrlich und lebensnotwendig

– und zwar in jedem Lebensabschnitt – beginnend mit der Entwicklung des Kindes im Mutterleib. Daher ist eine ausreichende Deckung des Jodbedarfs vor allem während einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft wichtig, denn jetzt müssen zwei Schilddrüsen mit Jod versorgt werden. Während bei der Mutter ein erhöhtes Risiko für eine Struma besteht, hängen beim heranwachsenden Baby die Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems von einer guten Jod-Versorgung ab. Auch in Stillzeiten ist der Bedarf erhöht, weil das Jod mit der Muttermilch abgegeben wird.

Welche Risiken birgt ein Jodmangel?

Deutschland zählt zu den jodärmsten Regionen Europas. Vor Tausenden von Jahren schwemmte die Gletscherschmelze das Spurenelement fort. Bis heute kommt Jod nur in sehr geringen Mengen in unseren Böden, Acker- und Weideflächen sowie im Trinkwasser vor und fehlt somit größtenteils in der tierischen und menschlichen Nahrung. Das Gebiet der heutigen Bundesrepublik wurde viele Jahre lang zum Jodmangelland erklärt, und der Kropf war das sichtbarste Zeichen dieses Defizits – natürlich ebenso in der Schweiz.

Zwar hat sich die Jodversorgung der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten stark verbessert

Die Jodaufnahme hat sich gegenüber 1975 nahezu verdoppelt, vor allem Neugeborene und Kinder haben heutzutage einen ausgeglichenen Jodhaushalt. Doch gehen Experten davon aus, dass mindestens ein Drittel wenn nicht gar die Hälfte der deutschen Bevölkerung nach wie vor nicht optimal mit Jod versorgt ist. Das tägliche Defizit liegt bei schätzungsweise einem Drittel der Menge Jod, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt. Als Folge können krankhafte Veränderungen oder Störungen der Schilddrüse auftreten.

Die Symptome eines Jodmangels zeigen sich allerdings meist schleichend,

so dass anfangs kaum Beschwerden von Betroffenenwahrgenommen werden, zu einem Kropf kommt es erst in einem viel spätere Stadium der Mangelerkrankung. Erst bei einer stärkeren Schilddrüsenunterfunktion sendet der Körper klare Warnsignale. Als typische Anzeichen gelten:

Antriebsschwäche
Extreme Müdigkeit
Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei Kindern
Konzentrationsstörungen
Kälteempfindlichkeit
Enge- und Druckgefühl im Hals
Atem- und Schluckbeschwerden
Hautveränderungen (feuchte bzw. trockene Haut)

Wie kann ein Jodmangel ausgeglichen werden?

Einem akuten Jodmangel lässt sich am einfachsten über die Nahrung entgegenwirken. Die wichtigsten Jodlieferanten sind Seefische und Meerestiere, besonders jodhaltig sind Seelachs, Kabeljau und Scholle. Auch die konsequente Verwendung von jodiertem Speissalz kann helfen, Defizite auszugleichen und Kröpfen vorzubeugen. Nennenswerte Jodmengen können zudem in Milch und Eiern vorkommen, allerdings ist hier die Fütterung der Tiere ausschlaggebend.
Während in einigen Ländern das Problem durch Jodzufuhr im Trinkwasser gelöst wurde oder das Jodsalz schlicht zum Regelsalz gemacht wurde (wie etwa in der Schweiz seit den 1920er Jahren), passierte hierzulande lange eher wenig. Hilfe kam schließlich aus der Nahrungsmittelindustrie, die verstärkt jodiertes Speisesalz einsetzte. Das Gleiche gilt für Kantinen, Restaurants, Bäckereien und Metzgereien. Durch ein wachsendes Angebot an mit Jodsalz hergestellten Lebensmitteln und Speisen hat sich die Jodversorgung der Bevölkerung wesentlich verbessert.

Quelle:
https://www.deutsches-schilddruesenzentrum.de/wissenswertes/funktion-der-schilddruese/bedeutung-des-jod-fuer-die-schilddruese/
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